Innovationen in der Kinder- und Jugendchirurgie
Dr. med. Thomas F. Krebs, Chefarzt Kinder- und Jugendchirurgie und Mitglied der Spitalleitung

Dr. med. Thomas F. Krebs
Chefarzt Kinder- und Jugendchirurgie und Mitglied der Spitalleitung
thomasfranz.krebs@kispisg.ch
In der Kinder- und Jugendchirurgie wurden im Jahr 2024 dank intensiver Zusammenarbeit mit zuweisenden Spitälern, niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, Pflegefachpersonen sowie anderen Fachkräften mehr junge Patientinnen und Patienten als je zuvor behandelt. Um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden, wurde der Fachbereich strukturell angepasst und um die Abteilungen Anästhesie und Therapien erweitert. Zudem erfordert die zunehmende Spezialisierung der Kinderchirurgen ein vernetztes System, um auch externe Fachkräfte hinzuzuziehen und gleichzeitig Spezialisten des OKS für komplexe Eingriffe in anderen Regionen einzusetzen. Gerade bei seltenen und komplexen Krankheitsbildern sind überregionale Konzepte unverzichtbar.
Strukturanpassungen
Ein bedeutender Schritt war die Einführung einer eigenständigen ärztlichen Abteilungsgruppe in der Kinderanästhesie zur Jahresmitte. Damit ist das OKS das dritte Kinderspital in der Schweiz, das über eine autonome Abteilung für Kinderanästhesie verfügt, sowohl auf ärztlicher als auch pflegerischer Ebene. Zudem wurde die Physio-, Logo- und Ergotherapie zum Jahreswechsel mit 26 Mitarbeitenden der Chirurgie zugeteilt - wobei die therapeutischen Leistungen weiterhin allen Abteilungen zur Verfügung stehen.
Medizinische Weiterentwicklungen
Unser Ziel ist es, die Qualität unserer medizinischen Dienstleistungen stetig zu steigern und gleichzeitig das Angebot weiterzuentwickeln. Zur Sicherstellung einer optimalen Patientenversorgung werden ärztliche und nicht-ärztliche Kadermitarbeitende durch gezielte Weiter- und Fortbildungsprogramme im In- und Ausland qualifiziert.
In der Allgemein- und Viszeralchirurgie wurde der intraoperative Einsatz des fluoreszierenden Farbstoffs ICG etabliert, um Operationen anatomiegerecht durchzuführen. ICG ist ein Fluorophor, das eine farbige Verbindung eingeht und somit spezifische, anatomische Strukturen wie Gefässe, Gallenwege oder Lymphbahnen leuchtend sichtbar macht. Dies erhöht die Patientensicherheit und reduziert die Operationsdauer.
Die Kinderorthopädie konnte mit der Einführung eines neuen Verfahrens zur Beinverlängerung mittels intramedullärem Marknagel (PRECICE) einen weiteren Fortschritt verzeichnen. Zudem erfolgte die Teilnahme am Register der Stiftung «Cerebralparese Schweiz», die Kinder und Jugendliche mit zerebralen Bewegungsbeeinträchtigungen unterstützt. Eine neue Sprechstunde für pädiatrische Sportorthopädie wurde eingerichtet, und arthroskopische Kreuzbandersatzplastiken werden seit 2024 routinemässig bei Kindern und Jugendlichen durchgeführt.
In der Unfallchirurgie wurde erfolgreich ein neuer körperfremder künstlicher Hautersatz zur Deckung grossflächiger Weichteildefekte nach Extremitätenverletzungen eingesetzt.
Auch die Urologie konnte im vergangenen Jahr den Einsatz von Indocyaningrün (ICG) in der Behandlung von Krampfadern im Hodenbereich (testikulären Varikozele) erfolgreich etablieren. Zudem wurde erstmalig ein «Magnetic Stent» eingeführt, ein spezieller Harnleiterkatheter, der später ohne Narkose-Eingriff entfernt werden kann.
In der Thoraxchirurgie wird seit 2024 die thorakale Kryoablation (eine Form der Ablation, die auf der Anwendung von Kälte beruht) zur Schmerzbehandlung nach operativer Brustwandkorrektur als Routineverfahren erfolgreich angewendet. Zudem wurde das OP-Spektrum mit der Einführung des «Total Chestwall Remodelling»-Verfahrens erweitert. Seit Ende 2024 kann am OKS thorakoskopisch (Schlüssellochchirurgie im Brustkorb) die Überfunktion der Schweissbildung der Hände (Hyperhidrosis) behandelt werden.
Generell werden die Eingriffe zunehmend in moderner «Single-Port-Technik» durchgeführt, bei der alle OP-Instrumente über einen einzigen röhrenförmigen Zugang zwischen zwei Rippen eingeführt werden.
Die Kinderanästhesie setzte erstmals das PICC-System (peripher eingeführter zentraler Katheter) ein. Es dient der Verabreichung von Medikamenten, parenteraler Ernährung, mittel- bis langfristigen Therapien wie Chemotherapie sowie wiederholten Blutentnahmen und ermöglicht so eine umfassende Versorgung, insbesondere für onkologische und andere Patientengruppen.
Ein weiteres innovatives Projekt im Jahr 2024 war die Einführung eines Elektro-Spielautos zur nicht-medikamentösen Prämedikation, das Kinder auf dem Weg in den OP begleitet.
Ausblick für 2025 und darüber hinaus
Ein zentraler Fokus liegt auf dem Aufbau eines Kompetenzzentrums für Beckenboden-Medizin. Zu Beginn des Jahres 2024 wurde hierfür ein interdisziplinäres und interprofessionelles Behandlungsteam für Beckenboden-Medizin ins Leben gerufen, das in den kommenden Jahren weiterentwickelt werden soll.
Im Bereich der hochspezialisierten Medizin (HSM) garantieren die nationalen Leistungsaufträge weiterhin die hochspezialisierte Behandlung komplexer Krankheitsbilder in der Ostschweiz. Wir haben 2024 erneut die Zuteilung für die stationäre Behandlung von polytraumatisierten Kindern und Jugendlichen, einschliesslich Schädel-Hirn-Trauma, sowie für die Früh- und Neugeborenen-Behandlung erhalten.
Die roboterassistierte Chirurgie wurde in ausgewählten Fällen eingesetzt. Hierfür standen dem Fachbereich zwei verschiedene Robotersysteme zur Verfügung, die in Kooperation mit HOCH Health Ostschweiz und dem Landeskrankenhaus Feldkirch genutzt wurden. Bis zum Bezug des Neubaus ist die Etablierung der roboterassistierten Chirurgie als Routineoption für ausgewählte Patientinnen und Patienten vorgesehen.
Mit diesen Entwicklungen blicken wir optimistisch in die Zukunft und sind bestrebt, die bestmögliche Versorgung für Kinder und Jugendliche in der Region weiterhin zu gewährleisten.